Deutsches Finanzministerium verhindert dass EU-Zinsrichtlinie vorangebracht wird

Für alle, welche den Polit-Thriller um mehr Steuertransparenz in Europa verfolgen, gibt es heute nicht sehr erbauliche Nachrichten. Die EU-Zinsrichtlinie, das einzige multilaterale Abkommen zum automatischen Informationsaustausch von Steuerinformationen, das zur Zeit existiert, soll seit 2008 überholt werden. Wichtige Schlupflöcher sollen dabei geschlossen werden, wie z.B. für Bankkonten im Namen von trusts und anonymen Gesellschaften, auch die berühmten Delaware LLC's wären fortan kein Schutz mehr vor Entdeckung, so lange deren Management im EU-Gebiet sitzt. Der Vorschlag wird seit langem im EU-Finanzministerrat ECOFIN diskutiert. Österreich und Luxemburg blockierten den Vorstoss, weil im Ergebnis der Paketlösung enthalten wäre, das Österreich und Luxemburg den automatischen Austausch einführen müssten, nicht aber die Schweiz: die Schweiz würde weiterhin die (drastisch verbesserte) Quellensteuerlösung anwenden.

Die Schweiz hat nun zur Zementierung dieser Blockade die bilateralen Abgeltungssteuerverträge mit Deutschland und Großbritannien vorgeschlagen und verhandelt, und beginnt Verhandlungen wohl im April auch mit Österreich. Das erklärte Ziel dieser Abkommen ist es, den automatischen Informationsaustausch von der Schweiz und darüber hinaus abzuwenden (Hintergrund hier).

Bislang war dabei immer die offizielle Haltung Deutschland's, dass die bilateralen Verträge mit der Schweiz in keinerlei Konflikt stünden mit der Zinsrichtlinie, sondern Deutschland sich für beide gleichermaßen stark mache. Jetzt bröckelt dieses naive Bild. Heute sollte nämlich die erweiterte Richtlinie erneut auf die Agenda des ECOFIN gesetzt werden, jedoch wurde das Thema kurzerhand wieder von der Themenpalette durch die Dänische Ratspräsidentschaft entfernt. Europolitics schreibt, dass dies vorausschauend wegen der Blockadehaltung Luxemburg's und Österreich's geschehen sei.

Von einer gut unterrichteten Stelle erreicht uns heute die Information, dass der deutsche Finanzminister selbst dieses Thema bei der dänischen EU-Ratspräsidentschaft abgeblasen hat, weil zunächst die noch ausstehenden Konflikte mit der Kommission über die bilateralen Abkommen ausgeräumt werden sollen. Es sieht also fast danach aus, dass Deutschland nicht nur das Vorankommen der Erweiterung der EU-Zinsrichtlinie blockiert, sondern darüber hinaus auch versucht die EU-Kommission mit einer Vertagung der EU-Richtlinie zu erpressen, damit sie ihre Einwände gegen die bilateralen Abkommen mit der Schweiz zurücknimmt.

Das ist skandalös, aber eigentlich wenig überraschend - eine Regierung, die durch eine anonyme Abgeltungssteuer zumindest billigt und in Kauf nimmt, dass Finanztransparenz verhindert wird, zeigt wes Geistes Kind sie ist. Dass sie dafür dann vor keinem Mittel zurückscheut, scheint nur folgerichtig.

Die Deutsche Arroganz ist zurück, das zeigt sich nicht nur in der EU- und Finanzpolitik der Bundesregierung (etwa beim Umgang mit Griechenland und Italien). Auch deutsche Medien springen auf diesen Zug auf. So schreibt etwa Jan Fleischhauer in seiner Kolumne im Spiegel: "Hand aufs Herz: Hat es irgendjemanden überrascht, dass der Unglückskapitän der "Costa Concordia" Italiener ist? Kann man sich vorstellen, dass ein solches Manöver inklusive sich anschließender Fahrerflucht auch einem deutschen oder, sagen wir lieber, britischen Schiffsführer unterlaufen wäre?". Wer hätte gedacht, dass diese Art plumper Vorurteile nochmal salonfähig werden?

Da ist es sicherlich nicht verkehrt, für die Regierenden und Journalisten Deutschland's zu beten! Sollte ein Geist der Zusammenarbeit, Bescheidenheit und Aufrichtigkeit nicht andere Früchte hervorbringen?

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