TJN-Helsinki-Seminar: Alternative Methoden der Konzernbesteuerung

Gastblog von Emanuel Rasche auf Grundlage eines ausführlichen Berichts über das Seminar, hier herunterzuladen (pdf).

„Vergleichszahlen: Wohin seid ihr?“ war eine Kernfrage des Seminars, das vom Finnischen Außenministerium, Tax Justice Network und KEPA, der Sammelorganisation der Finnischen Zivilgesellschaft, vom 13-14 Juni 2012 in Helsinki veranstaltet wurde. Transfer Pricing Week berichtete über das Seminar (hier), und alle Powerpoint-Präsentationen des Seminars sind hier herunterzuladen. Die Abschlussrede des Finnischen Außenministers findet sich hier.

Das Auffinden von Vergleichszahlen bildet die Lebensader des maßgeblichen, globalen Standards für die Besteuerung Multinationaler Konzerne. Die so genannten „Transfer Pricing Guidelines“ (dt. „Richtlinien für Verrechnungspreise“) der OECD verpflichten Tochtergesellschaften von Konzernen so miteinander zu handeln, als ob sie unabhängige Parteien wären. „Verrechnungspreise“ sollen für den Handel unter diesen aufgestellt werden – und diese sollen möglichst nah an jenen Preisen liegen, die tatsächlich unabhängige Firmen im Handel miteinander bezahlen würden (die oben angesprochenen „Vergleichszahlen“). Auf der Grundlage der aufgestellten Preise, so die Theorie, weisen die einzelnen Tochtergesellschaften in verschiedenen Ländern den jeweils angemessenen  Gewinn bzw. Verlust aus, genauso wie unabhängige Unternehmen Gewinne oder Verluste ausweisen. Konzerne könnten so in den jeweiligen Ländern besteuert und unliebsame „Doppelbesteuerung“ vermieden werden. Weil 60% des gesamten Welthandels nach OECD-Schätzungen zwischen Tochtergesellschaften von Großkonzernen abgewickelt wird, ist die Effektivität dieses Verrechnungspreissystems entscheidend.

Doch einigen Lesern werden sich schon an dieser Stelle die ersten Fragen stellen: Warum Großkonzerne, entgegen ihrer zentralen Beschaffenheit, so besteuern, als ob sie aus vielen unabhängigen Teilen bestünden? Wie sollen Verrechnungspreise für Güter und Dienstleistungen überprüft werden, die einzigartig sind, nur vom jeweiligen Konzern erbracht und erzeugt werden, und für die sich also keine passenden Vergleichszahlen finden lassen? Neben diesen Anfragen, die systematische Probleme des OECD Standards aufdecken, stellt vor allem der Handel „immaterieller Werte“ zwischen Konzernteilen eine große Herausforderung dar. Gerade dieser kann von Großkonzernen zur „Steuerplanung“ benutzt werden, indem Konzernteilen in Hochsteuerländern hohe Kosten für Beratungs –oder Managementleistungen, Patentnutzungsrechte, etc. in Rechnung gestellt werden – ein willkommenes Angebot zur Kostenaufblähung in Hochsteuerländern und Verschiebung von Gewinnen und Geldern in Steueroasen.

Den Fehlern in seinen Grundannahmen konnte der OECD Standard bisher nur durch steigende Komplexität begegnen, die gepaart mit Unübersichtlichkeit im Regelwerk verheerend vor allem für Steuerbehörden von Entwicklungsländern sind, deren Personaldecke oft dünner ist und weniger Erfahrung aufweist. Das Resultat des Standards: langwierige Rechtstreitigkeiten zwischen Steuerbehörden und Konzernen und 150 Mrd. Dollar Steuerausfall weltweit, jedes Jahr, nach sehr vorsichtigen Schätzungen.

Die Alternative: „Einheitsbesteuerung“! – zumindest branchenweise, zum Beispiel im globalen Bankensektor. Bei dieser Form der Besteuerung, die seit Jahrzehnten erfolgreich in den USA zwischen den einzelnen US Staaten angewendet wird, würden  Großkonzerne als Einheit besteuert. Einzelne Großkonzerne würden dabei auf Grundlage eines „gemeinsamen Berichts“ (aller Tochterunternehmen) ihre Tätigkeiten und Gewinne weltweit ausweisen. Die Gewinne werden dann auf die einzelnen Länder gemäß eines bestimmten Umlageschlüssels aufgeteilt, zum Beispiel basierend auf den Variablen Lohnzahlungen, Sachanlagen und Umsatz. Dieser Umlageschlüssel würde also das in den jeweiligen Ländern zu besteuernde Einkommen auf Grundlage des gemeinsamen Berichtes ermitteln. Plausibel? – ja. Doch – die OECD wehrt sich hartnäckig. Lesen Sie den vollständigen Bericht des Seminars mit weiteren Fragen und einigen Antworten – hier!