EU verabschiedet Regeln zur länderbezogenen Berichterstattung von Unternehmen im Rohstoff- und Forstsektor

Gestern Abend haben sich Europaparlament, Rat und Kommission in Verhandlungen auf einen Kompromiss zur Revision der Buchhaltungs- und der Transparenzrichtlinie geeinigt. Die Revision regelt auch, dass große Unternehmen im Rohstoff- und Forstsektor bald über Zahlungen an Regierungen nach Ländern und Projekten disaggregiert berichten müssen. Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament sagt dazu:

„Länderbezogene Berichterstattung ist ein Schlüsselinstrument, um Steuervermeidung und Korruption einen Riegel vorzuschieben. Die Pflicht zur Offenlegung [...] ist ein Erfolg des Europaparlaments. Dieser Erfolg ist letztlich aber den jahrelangen Kampagnen der Zivilgesellschaft zu verdanken.“

Konkret bedeutet die Regelung, der die zuständigen Gremien in Rat und Kommission sowie das Europaparlament noch zustimmen müssen, dass große Konzerne in Zukunft über Zahlungen über 100.000 Euro an Regierungen berichten müssen – und zwar nach Ländern und Projekten aufgeschlüsselt. Damit folgt die EU entsprechenden Regeln in den USA, die dort bereits 2010 beschlossen wurden und in diesem Jahr in Kraft treten sollen.

Das Parlament hat sich außerdem mit seiner Forderung durchsetzen können, auf Ausnahmeregeln zu verzichten, welche den Nutzen der Richtlinien beschränkt hätten. Die Labour-Abgeordnete im Europaparlament und Berichterstatter zu den Richtlinien, Arlene McCarthy sagte dazu:  

„Nach langen Monaten harter Verhandlungen, haben wir endlich einen Kompromiss. Wir haben uns dagegen gewehrt, unsere Vorschläge durch die Mitgliedsstaaten verwässern zu lassen, die Ausnahmen und Schlupflöcher verlangt haben. Diese Ausnahmen hätten den Zweck der Richtlinie unterlaufen, nämlich Gemeinschaften in rohstoffreichen Ländern die notwendigen Werkzeuge zu geben, um ihre Regierungen zur Rechenschaft ziehen zu können für Zahlungen, die sie von multinationalen Konzernen erhalten.“

Ähnlich äußerten sich auch Vertreter der Zivilgesellschaft, die lange hart für den Erfolg der Richtlinie gekämpft hatten. Die Publish What You Pay Koalition ließ verlautbaren, der Kompromiss ermögliche „historische neue Regeln“. Und auch aus den USA, wo die entsprechenden Regeln im Moment unter juristischem Beschuss durch die Öl- und Gas-Lobby stehen, kommt Beifall: „Das ist ein großer Sieg für die Menschen in rohstoffreichen Ländern. Wir beglückwünschen die europäischen Regierungen und die Mitglieder des Parlaments dazu, nicht dem Druck der Lobby der Ölindustrie nachgegeben zu haben, die Regeln aufzuweichen“ schreibt Oxfam USA in einer Mitteilung.

Doch es gab auch mahnende Stimmen in all dem Jubel über die neue Richtlinie. Øygunn Sundsbø Brynildsen von Eurodad formulierte dies folgendermaßen:  

„Trotz des großen Fortschritts gestern Abend, liegt noch ein weiter Weg vor uns hin zu EU-Regeln, die Steuervermeidung- und hinterziehung wirklich verhindern. Zwar ist es wichtig für uns, zu wissen, wie viel Unternehmen an Regierungen zahlen. Diese Zahlen alleine liefern aber kein klares Bild davon, ob Zahlungen auch in ihrer Höhe fair sind. Multinationale Unternehmen werden auch in Zukunft Entwicklungsländer plündern – außer sie werden dazu gezwungen, Informationen über ihre Verkäufe, Vermögen, Belegschaften und Gewinne zu liefern. Die kürzlich verabschiedeten Regeln für Banken sind ein gutes Beispiel für Regeln in diese Richtung.“

Damit sprach sie an, dass die neuen Richtlinien zwar weitreichender sind, als erwartet, jedoch weiterhin Lücken aufweisen. Zum einen wurden Vorschläge des EU-Parlaments zur Aufnahme weiterer Sektoren (Telekomunikation und Infrastruktur) nicht befolgt, zum anderen fehlen zusätzliche Informationen, die es erlauben würden, die Steuerehrlichkeit von Unternehmen zu hinterfragen.

Sobald der Kompromisstext offiziell vorliegt, werden wir weiter darüber berichten.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung von Eurodad
Pressemitteilung von Publish What You Pay
Pressemitteilung von Sven Giegold
Pressemitteilung von Arlene McCarthy
Statement von Kommissar Michel Barnier
Pressemitteilung von Oxfam USA
Statement der irischen Ratspräsidentschaft
Pressemitteilung von Revenue Watch
Weiter Stimmen zur Richtlinie

Arbeitspapier zu länderbezogenen Offenlegungspflichten von GPF Europe