Ein kleiner Rückschritt: US-Gericht bremst Offenlegungspflichten für Öl- und Gas-Multis

In einem am 2. Juli veröffentlichten Teilurteil hat ein US-Gericht Bestimmungen der im Rahmen des Dodd-Frank Act eingeführten Offenlegungspflichten für die Rohstoffe extrahierende Industrie in Frage gestellt. Konkret geht es um Ausnahmeregeln für Unternehmen, die in Ländern operieren, deren Gesetze die Offenlegung von Zahlungen an Regierungen verbieten. In den Umsetzungsbestimmungen für den Dodd-Frank Act waren solche Ausnahmen nicht vorgesehen. Das Gericht hat nun entschieden, die Begründung dafür sei nicht stichhaltig und müsse überprüft werden.

Im Rahmen des Dodd-Frank Acts, Section 1504 von 2010 waren an US-amerikanischen Börsen notierte Rohstoff-Konzerne dazu verpflichtet worden, Zahlungen an Regierungen nach Ländern aufgeschlüsselt zu berichten. Im Sommer 2012 hatte die US-Börsenaufsicht SEC die dazugehörigen Umsetzungsbestimmungen erlassen, die 2013 in Kraft traten. Trotz verschiedener Forderungen aus der Industrie hatte die SEC darin keine Ausnahmen für Länder vorgesehen, in denen solche Offenlegungen potentiell strafbewehrt sind. Zur Begründung hatte die Börsenaufsicht angeführt, dass nicht nachgewiesen werden könne, dass solche Rechtsvorschriften tatsächlich existierten und dass auch aus Kostengründen nichts für Ausnahmeregeln spreche - eine Einschätzung, die von vielen zivilgesellschaftlichen Gruppen geteilt wird.

Gegen die Umsetzungsbestimmungen der SEC hatten verschiedene Industrieverbände geklagt, darunter die US Chamber of Commerce und das American Petroleum Institute, der Dachverband der US-Ölindustrie, darunter BP, Exxon, Chevron und Shell. Als Hauptargument führten sie an, die Offenlegungspflichten verstießen gegen das verfassungsmäßig verbriefte Recht auf Redefreiheit (eine Argumentation, die in den USA auch gegen andere Regulierungen, z.B. in der Wahlkampffinanzierung gebraucht wird). Darüber hinaus hatten die Verbände kritisiert, Unternehmen würden zu Rechtsbrüchen in anderen Ländern gezwungen.

Zu diesem Argument hat nun ein Bezirksgericht in Washington, D.C. ein Teilurteil erlassen und die Regelung zurück an die SEC verwiesen. Diese solle besser begründen, warum keine Ausnahmen zugelassen würden oder solche ermöglichen. Damit ist noch kein abschließendes Urteil darüber ergangen, ob die Umsetzung des Dodd-Frank Acts als Ganzes rechtmäßig ist und noch nicht einmal darüber, ob es Ausnahmen geben kann oder nicht. Trotzdem zeigten sich zivilgesellschaftliche Gruppen enttäuscht. Ian Gary, bei Oxfam America zuständig für die Arbeit zu Rohstoffen, bewertet das Urteil entsprechend:  

"Wir widersprechen der Ansicht des Gerichts, die SEC habe seine Ablehnung von Ausnahmen, wie sie von den Öl-Konzernen gefordert wurden, nicht angemessen begründet. […] Die Entscheidung der SEC wird von ihren Analysen ausreichend untermauert. Die Ölindustrie hat nie schlüssig darlegen können, dass es irgendwo Gesetze gibt, die Offenlegungspflichten entgegenstehen"

Das Urteil ist ein kleiner Rückschritt in den Bemühungen um mehr Transparenz für transnationale Konzerne im Rohstoffsektor und darüber hinaus. Ausnahmeregeln könnten Missbrauch Tür und Tor öffnen und damit die Sinnhaftigkeit der Transparenzpflichten als Ganzes untergraben. Transparenz ist ein notwendiger Bestandteil in den Bemühungen um mehr Steuergerechtigkeit (wir berichteten, u.a. hier und hier) sowie im Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft in rohstoffreichen Ländern. Weltweit gibt es eine Reihe von neuen Regeln, die solche Transparenz ermöglichen sollen. Die EU hat erst im Juni eine entsprechende Richtlinie erlassen und auch in weiteren Ländern, darunter Kanada, Australien und Norwegen, gibt Gesetzesentwürfe, die zur Zeit verhandelt werden.

Weitere Informationen finden sich bei unseren Kollegen von Oxfam USA, Global Witness und Revenue Watch, die den Prozess in den USA eng begleiten und regelmäßig darüber berichten. Siehe z.B. die Pressemitteilung vom 2. Juli hier (Oxfam), hier (Revenue Watch) oder hier (Global Witness).