Ein äußerst lesenswerter Artikel im Tagesspiegel und auf Zeit.de informiert uns heute über ein weiteres Kapitel in der wenig glaubwürdigen Geschichte deutscher Anstrengungen im Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung (für frühere Episoden, siehe etwa hier oder hier).
Im Kontrast zu vollmundiger Rhetorik erläutert der Tagesspiegel die wahre Haltung der Bundesregierung:
Doch bei den derzeit laufenden Verhandlungen über die Neufassung des
EU-Geldwäschegesetzes im Brüsseler Ministerrat stellen sich ausgerechnet
die Vertreter der Bundesregierung gegen den nach Meinung von Fachleuten
wichtigsten Reformvorschlag: Die europaweite Einrichtung von
Unternehmensregistern einschließlich der Pflicht, darin die im
Finanzjargon sogenannten "beneficial owners", also die "wirtschaftlich
Berechtigten" zu nennen, denen die Gewinne aus den jeweiligen Firmen
zufließen.
Mit hanebüchenen Argumenten wehrt sich die Bundesregierung gegen diesen Vorstoß. Es gäbe eine "Gefahr, dass ein staatliches Register die Sorgfalt der Banken bei der Prüfung ihrer Geschäftspartner" untergrabe. Dieser Argumentation kann man nicht ohne weiteres zustimmen.
Das sei ein "geradezu absurdes Argument und von vorne bis hinten zu
widerlegen", hält Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamten
dagegen. Zwar sei es richtig, dass sich Europas Banken deshalb für das
Register ausgesprochen hätten, weil sie bei ihren Vorkehrungen gegen
Geldwäscher Zeit und Geld sparen wollen. Aber man könne "doch beides
tun: die Pflicht zur Meldung der Eigentümer einführen und den Banken
vorschreiben, trotzdem eigene Prüfungen durchzuführen". Entscheidend
sei, dass die behördlichen Ermittler endlich Zugang zu Eigentümerangaben
bekämen. Und wenn diese falsch seien, dann sei schon das
"gesetzeswidrig" und "wir wissen, dass wir auf der richtigen Spur sind".
Aus Sicht von Tax Justice Network brauchen wir nicht nur Register für behördlichen Zugriff, sondern öffentliche Register. Erst dann ist sichergestellt, dass die Qualität der Daten nicht unter der Geheimniskrämerei leidet, wie das heute häufig etwa beim Kontenabrufverfahren der Fall ist. Außerdem könnten erst durch öffentliche Register auch Entwicklungsländer profitieren. Bestechung und krumme Geschäfte von Politikern und Geschäftsleuten aus Entwicklungsländern benötigen immer Tarnfirmen, insbesondere aus "unverdächtigen" Ländern wie Deutschland. Erst wenn die Eigentümer deutscher Unternehmen in Registern online einsehbar werden, können zuständige Steuerbehörden oder Anti-korruptionsstellen in Entwicklungsländern rechtzeitig Alarm schlagen. Der Amts- oder Rechtsweg ist aussichtslos aufwendig und zeitraubend.
Übrigens wäre ja kein Mensch gezwungen, diese Informationen öffentlich zu machen. Schließlich lassen sich Geschäfte ja auch wunderbar im eigenen Namen, statt im Namen einer AG oder GmbH tätigen. Im Gegenzug für das Privileg begrenzter Haftung jedoch sollte Öffentlichkeit nicht gescheut werden.