Es sind keine Peanuts, die dem Land verlorengehen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) errechnete, dass zwischen den nachgewiesenen Profiten der Kapital- und Personengesellschaften und den steuerlich erfassten Gewinnen eine Lücke von 100 Milliarden Euro klafft. "Dies deutet auf Steuervergünstigungen und Gestaltungsmöglichkeiten hin, mit denen die Unternehmen ihre steuerpflichtigen Gewinne herunterrechnen oder ins Ausland verlagern", schreibt das DIW.Gleichzeitig subventioniert der Fiskus hierzulande Wohlhabende dabei, ihm das Wasser abzugraben. Glauben Sie nicht? Es klingt paradox, ist aber leider wahr:
Während deutsche Angestellte dem Fiskus wehrlos ausgeliefert sind, rechnen sich Millionäre und Unternehmen mit Hilfe aggressiver Steuermodelle künstlich arm - und das alles ganz legal. Seminare zur "Internationalen Steuergestaltung" lassen sich sogar steuerlich als Fortbildung absetzen.Dass die Bundesregierung im Bemühen gegen Steuervermeidung- und hinterziehung bisher kaum echte Erfolge zu verbuchen hat dürfte den LeserInnen dieses Blogs bereits bekannt sein: Das Steuerhinterziehungsgesetz wurde so weichgespült, dass ein "zahnloser Tiger" übrig geblieben ist (hier klicken für mehr Hintergrund); die Zinsschranke zur Vermeidung von schuldgetriebenem (und steuerertragsfreiem) Wachstum wurde jüngst von der Bundesregierung aufgehoben (und damit Private Equity Fonds bzw. Heuschrecken wieder Tür und Tor geöffnet); und die gegenüber der Schweiz und Luxemburg erreichten vertraglichen Zusicherungen sind so gut wie wertlos, weil die Verträge Informationsaustausch nur tröpfchenweise und in Zeitlupe erlauben (hier klicken, englisch, pdf). Entsprechend folgert der Spiegel:
Vor einem derart zahnlosen Tiger haben sich Konzerne kaum zu fürchten. Sie betreiben ganze Abteilungen, um ihre Steuersituation zu optimieren. Im internationalen Geflecht ihrer Tochtergesellschaften lenken sie die internen Geldströme mit Hilfe von drei Stellschrauben in Richtung Steueroasen: Zinszahlungen, Lizenzgebühren und Verrechnungspreise.Die genauen Muster des verzweigten Netzwerks von Tochterunternehmen unterliegen Moden und können je nach Angebot der Verdunkelungs- und Steueroasen schnell und flexibel angepasst werden.
Was, wenn nicht Steuervermeidung, tut Puma, BASF, BMW und Lufthansa in Malta? Der Bereich zwischen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung ist in der Regel ein Graubereich, und mitunter sucht die Steuervermeidungsindustrie bei ausufernden Gerichtsauseinandersetzungen einen Vergleich, der die Rechtslage nicht nachhaltig klärt (hier klicken für Beispiel KPMG).Natürlich kennt Berger auch das neueste Mekka für hiesige Steueroptimierer: Malta. Im globalen Finanzmonopoly gehört der mediterrane Kleinstaat seit seinem EU-Beitritt 2004 zu den Lieblingsstandorten der deutschen Wirtschaft.
Im Vergnügungsviertel St. Julians residieren Firmen wie Lufthansa, Puma, BASF, K+S oder Fraport, nahe dem "Stiletto Gentleman's Club" und den Pubs voller komasaufender Sprachschüler. Die BMW Malta Group sitzt beim Spielcasino im feinen Portomaso.
Zum Beispiel dadurch, dass man, wie in den USA und Großbritannien üblich, eine Anzeigepflicht für Steuersparmodelle einführt. Dadurch würde der Fiskus vorab über Schleichwege informiert und könnte sofort reagieren. 2007 wurde das Thema im Finanzausschuss wohlwollend diskutiert. "Doch plötzlich war der Vorschlag verschwunden", erinnert sich Christine Scheel von den Grünen, Verfechterin des Frühwarnsystems. Die Begründung des Steinbrück-Ressorts: Die Anzeigepflicht stünde "den Zielen des Bürokratieabbaus entgegen"Leider verpasst es der Artikel, auf die Vorzüge der Rechnungslegung nach Ländern hinzuweisen (hier klicken!), die das Problem der internationalen Steuergestaltung an der Wurzel lösen könnte.
Labels: Informationsaustausch, Malta, steuerflucht, Steueroasen